52 000 Franken für zwei Kinder

Posted on November 8th, 2012, November 8th, 2012 in Uncategorized.

Fast alle Parteien stellten im Basler Wahlkampf Steuersenkungen für den Mittelstand in Aussicht. Kaum ist der Grosse Rat gewählt, wollen rechte Parteien erneut die Unternehmen entlasten. Obwohl das Volk erst kürzlich dagegen gestimmt hat.

Die heutigen Steuergesetze und Subventionen verunmöglichen es beinahe, Kinder und Karriere zu verbinden. Die staatlich verordnete Wahl lautet: Entweder – oder. Dies zu ändern könnte eine Kernaufgabe des neuen Grossen Rates sein. (Bild: Keystone)

Dabei gibt es einen Ausweg, der sowohl dem Mittelstand nützt als auch die Wirtschaft zufrieden stellt: Die gezielte Senkung der Steuern für Familien mit Kindern. Wer in Basel ein Kind hat, darf zwar 10 000 Franken vom Einkommen abziehen und erhält Kinderzulagen. Diese Vergünstigungen kompensieren aber längst nicht die Kosten für die Tagesbetreuung der Kleinen.

Wenn nach einer gewissen Zeit beide Elternteile wieder ihrem Beruf nachgehen wollen, werden sie regelrecht abgestraft. Denn ab einem gemeinsamen Einkommen von gut 13 000 Franken pro Monat oder 160 000 Franken pro Jahr, gibt es keine staatlichen Zuschüsse für Krippenplätze mehr. Es fallen die vollen Kosten von rund 2200 Franken pro Kind und Monat an. Für zwei Kinder sind das jährlich 52 000 Franken oder fast ein Drittel des Einkommens. Wenn ein weiteres Drittel für Miete und Krankenkasse und ein erklecklicher Betrag für kantonale und eidgenössische Steuern weg gehen, bleibt am Ende fast nichts übrig, bevor die Familie den ersten Laib Brot gekauft hat.

Im Moment gibt es nur zwei Möglichkeiten, um dem abzuhelfen: Entweder die Familie verdient viel mehr oder viel weniger. Da mehr verdienen nicht einfach ist, wählen viele Paare – unfreiwillig – die zweite Option:  Um zu vermeiden, dass Ihr Beruf zum brotlosen Hobby mutiert, verlassen meist die Frauen ihren angestammten Beruf oder arbeiten nur noch Teilzeit, zum Beispiel 40%. Dann sinken die Steuern, die Kinderbetreuungskosten werden subventioniert, ebenso die Krankenkassenprämien.

Die Arbeitswelt verliert eine Fachkraft, in deren Ausbildung der Staat über Jahrzehnte investiert hat. Wenn ein Elternteil zu arbeiten aufhört oder sein berufliches Engagement stark reduziert, sinkt auch das Familieneinkommen. Der Kanton verliert Steuereinnahmen, während seine Ausgaben steigen: Es werden Subventionen für die Verbilligung der Krankenkassenprämien und die Kinderbetreuung fällig. Es gibt also nur Verlierer.

Das Steuersystem könnte hier Abhilfe schaffen. Zum Beispiel mit einem deutlich höheren Kinderabzug. Dieser würde sich für den Kanton möglicherweise sogar finanziell lohnen, weil der Anreiz wegfallen würde, aus ökonomischen Gründen die Berufstätigkeit einzuschränken. Die Steuereinnahmen würden steigen. Die heutigen Verhältnisse verunmöglichen es beinahe, das Kinderhaben mit einer Karriere zu verbinden. Die staatlich verordnete Wahl lautet: Entweder – oder. Dies zu ändern muss eine Kernaufgabe des neuen Grossen Rates sein. In vier Jahren werden wir ihn daran messen.

Dieser Beitrag reflektiert die Meinung der Autorin / des Autors und nicht zwingend diejenige der Redaktion.

15 Responses to '52 000 Franken für zwei Kinder'

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  1. Manuel said,

    November 8th, 2012, 10:24

    Es gibt noch eine dritte Alternative: Beide Eltern arbeiten Teilzeit. Damit verdienen sie zusammen mit viel mehr als 100%, die externe Kinderbetreuung wird weniger beansprucht und die Eltern haben beide etwas von den Kindern. Leider sind viele Männer und z.T. auch Vorgesetzte dazu mental noch nicht bereit. Wenn beide Elternteile 100% arbeiten, dann stellt sich doch etwas die Frage, wieso man dann überhaupt Kinder hat…aber das muss jeder für sich entscheiden.

  2. Christian said,

    November 8th, 2012, 11:26

    ” Wenn beide Elternteile 100% arbeiten, dann stellt sich doch etwas die Frage, wieso man dann überhaupt Kinder hat”
    Ich kann diesen Spruch nicht mehr hören!!!
    Dies bedeutet ja dass man die Kinder nur für die Frauen macht da der man ja in 98 % der Fälle 100% arbeitet.
    Wir arbeiten aber beide 100 % und verbringen trotzdem viel Zeit mit unseren Kindern.

    Ich finde der Artikel beleuchtet die Problematik sehr gut. Obwohl man nicht schlecht verdient bleit am Schluss nicht viel übrig. Teilzeitarbeit ist zwar möglich aber nur theoretisch. Bei meinem Arbeitgeber darf man Teilzeit arbeiten wenn es der Vorgesetzte bewilligt. Da wir aber sowieso immer zu viel zu tun haben wurde meine Anfrage für 80% diskussionslos von Tisch geschmettert. Es gibt Väter und Mütter die arbeiten wollen und sich auch um ihre Kinder kümmern wollen, geholfen wird einem da aber nicht wirklich.

  3. Manuel said,

    November 8th, 2012, 13:59

    Ich sag ja, muss jeder selber wissen. Aber letztlich bestätigt Ihre Erfahrung ja nur was ich meine, dass die Männergesellschaft noch nicht soweit ist mental. Ist ja ein idiotisches Argument das “viel zu tun haben”. Sie wollen ja offenbar auch reduzieren, aber wieso geht es denn nicht? Eben weil viele Männer noch diese Ernährerrolle im Kopf haben. Alle tollen Leitbilder sind leider nur Papier. Nun gut, mittelfristig werden wohl sie und andere solche Unternehmen verlassen, die noch hinter dem Mond sind. Vorgesetze die modern denken, werden die besseren Arbeitnehmer anziehen.

  4. meiba said,

    November 8th, 2012, 15:28

    Sie gehören also auch zu der Sorten Spezies welche den Batzen und das Weggli haben wollen. Beide Eltern arbeiten 100 % die Kinder schiebt man in die Krippe ab und dann noch lafern, dass man solche Sprüche nicht mehr hören kann. Auf nichts verzichten aber den Staat belasten also mein Steurgeld. Solche Menschen wie Sie sind schlichtweg Egoisten…..arme Kinder kann ich da nur sagen….

  5. Daniel Seiler said,

    November 8th, 2012, 11:36

    Man könnte sich nun natürlich auch fragen, ob eine Kindesbetreuung wirklich Fr. 2’200 pro Monat kosten muss!

  6. Gesine Fuchs said,

    November 8th, 2012, 16:51

    Ja, es muss soviel kosten – denn Qualität kostet. Anständige Ausbildung, anständige Bezahlung (wobei Fachpersonen Betreuung nun nicht wirklich viel verdienen). Kinder zu betreuen und zu fördern ist eine komplexe und anstrengende Aufgabe (Hut ab vor allen BetreuerInnen!) und man ist nicht automatisch qualifiziert, nur weil man selbst Kinder grossgezogen hat.
    Wenn ich mir vorstelle, ich müsste mein Kind in eine billige, schlecht ausgestattete Kita mit schlechtem Betreuungsschlüssel geben (oder bei der Nachbarin abgeben), weil ich mir nichts anderes leisten könnte, dann wird mir ganz anders.
    Ich denke, es gibt keinen Aufstand gegen die irre hohen Gebühren, WEIL die meisten Einrichtungen so gut sind (auch wenn es Luft nach oben gibt).

  7. Emmanuel Ullmann said,

    November 8th, 2012, 17:23

    Wenn’s nur 2’200.- wäre… Die Vollkosten sind für Kleinkinder viel höher (bis zu 3’600.-), den Rest subventioniert der Staat. Ich habe mir die Frage auch schon gestellt, denn es gibt einige private Krippen, die günstiger und nicht schlechter arbeiten. Aber hier etwas ändern zu wollen ist sehr schwierig. Betreuungsgutscheine werden abgelehnt, eine seriöse Analyse wird nicht gemacht.

  8. Ursula said,

    November 8th, 2012, 12:00

    Wieviel Lohn erhält eine Mutter welche für ihre Kinder gerne zu Hause bleibt vom Staat? Wie sieht die Pensionskasse aus für die “nur” Hausfrau und Mutter?? Finanziert dies auch der Staat?
    Beide wollen ein hohes Arbeitspensum erfüllen und möchten noch glaubhaft machen das viel Zeit für die Kinder bleibt?
    Das meist bei Männern das Teilzeitarbeiten schwierig ist, dass ist leider ein bekanntes Problem.
    Das Weggli und der Batzen hats – und wird es nie geben.
    (Ein hohes Einkommen und der Staat übernimmt die Kinderbetreuung.

  9. Martin Cesna said,

    November 8th, 2012, 12:32

    Ob das Problem lösbar ist, bezweifle ich, solange der grössere Teil der Politiker nur die Metastase ihrer Gruppe mit Partialinteressen ist, von denen sie dann auch alimentiert werden. Erst, wenn es sich lohnt, nachzudenken, werden auch Politiker anfangen differenziert zu denken und entsprechend gesamtgesellschaftlich zum Nutzen werden.
    Hier: Die sich autistisch gebenden Strukturen, die nicht miteinander reden, bewirken, dass sich Einzelne, oder hier auch Familien eigentlich “debil” verhalten müssen, um in einem irren System überhaupt überleben zu können.
    Solange Kinder nur als “Hobby” gelten, siehe auch der erste Kommentar, kann ncht wahrgenommen werden, dass sie einer lohnenden Primärinvestiton entsprechen könnten mit später gesamtwirtschaftlichem und kulturellen grossen Nutzen.
    Aber, die Schweiz hat keine anderen “Rohstoffe”.
    Ein typisches Beispiel dieser Geringschätzung ist die Stellung der alleinerziehenden Mütter leider.

  10. Pascal W. said,

    November 8th, 2012, 12:49

    Also ich denke mir doch, dass man mit 13’000.– ohne Probleme eine 4 köpfige Familie Unterhalten kann. Aber die Ansprüche der Eltern sind zt. vielleicht überrissen. Es müssen 2 Autos sein, min. 2 X im Jahr Ferien und natürlich nur die besten “Marken”-Kleider. Wir waren eine 5 köpfige Familie und mein Vater verdiente 5’500.– und es hat gereicht…… und das ist noch garnicht soo lange her wie alle denken. Aber die Erziehung wird ja von der ganzen Gesellschaft erwartet…. Wie Ursula schon geschrieben hat: Das Weggli und der Batzen hats – und wird es nie geben.

  11. Peter Waldner said,

    November 8th, 2012, 13:21

    Das Eine tun – das Andere nicht lassen! Die Unternehmenssteuern MÜSSEN gesenkt werden; nur so kann wenigstens ein Teil der Standortnachteile (=hohe Personal-/Raumkosten) der KMU in BS im Vergleich zu den EU-Nachbarn reduziert werden. Aber dass Familien mit Kindern (und jungen Erwachsenen in Erstausbildung!) steuerlich entlastet werden müssen, ist auch richtig.

  12. Giorgio said,

    November 8th, 2012, 13:28

    Umdenken und neu handeln tut not! Schon mal nachgedacht, wer all die Steuerabzüge, Zulagen und Subventionen finanziert? Richtig: Vor allem der Mittelstand über höhere Steuern. Wie wäre es, wenn das Kinderkriegen oder auch Nicht-Kinderkriegen und damit auch die Finanzierung des Nachwuchses und des Familienlebens wieder, wie früher, weitgehend alleine in der Verantwortung der Eltern läge? Dass es auch mit einem schmalen und einzigen Einkommen von weniger als 5’000 Franken ging, haben meine Eltern bewiesen. Wir waren zu fünft, hatten es gut, waren immer zur Miete in guten Wohnungen, hatten kein Auto, Ferien, in der Schweiz!, gab es nur alle vier Jahre. Es gab Zeiten, da war Schmalhans Küchenmeister und am Ende des Monats in allen Kassen Ebbe. Die Ansprüche sind leider ins beinahe Unermessliche gestiegen: “Ich will alles haben, und zwar sofort!”

  13. Toomy Frey said,

    November 10th, 2012, 4:02

    Seltsam, dass sich in den letzen Jahren der Gedanke, Kinder zu haben müsse gratis sein, durchgesetzt hat. Da fällt mir spontan das Sprichwort, was nichts kostet hat auch keinen Wert, ein. Dass viele Eltern nur noch nebenbei Kinder haben und die nötige Wertschätzung vermissen lassen, ist leider offenkundig. Es gab Zeiten, in denen die Schulen nicht dadurch belastet wurden, Kindern auch noch Sozialkompetenz zu lehren.

  14. Peter Stocker said,

    November 10th, 2012, 8:59

    das wäre sehr schön, wenn eine Steuerentlastung für den Mittelstand und vorallem für Familien kommen würde. So wie es jetzt ist, sind mehr als ein Kind nicht attraktiv und wir werden auch zukünftig keine eigenen Arbeitskräfte mehr haben – d.h. wir müssen Arbeitsklräfte importieren resp. die Einwanderung fördern. das ist ja genau das, was die rechten und zunehmend auch die Linken nicht wollen. Wieso macht man den Standort Basel resp. Schweiz nicht attraktiv für die Einwohner, damit die da bleiben?
    Alle politischen Vorstösse haben meiner Meinung nach einen Zeithorizont von max. 4 Jahren. Wie wäre es, wenn die Politiker für einmal agieren statt reagieren würden?

  15. Karl Linder said,

    December 6th, 2012, 19:56

    Eine grundsätzlich gute Analyse, welche aufzeigt, wie teure Bildungskosten letztlich mit seltsamer Subventionslogik ‘verbrannt’ wird. Frauen mit Uniabschluss reduzieren ihr Pensum, weil es sich nicht lohnt zu arbeiten. Was sind das für hanebüchene Anreize von Seiten des Staates? Anstatt wie stets einfach nach mehr Abzügen bei den Steuern zu rufen, wäre es schon sinnvoller, die Krippe Kosten zu hinterfragen. Sind es wohl die Angestellten-Verbände, die sich hier ihren Level selbst setzen, damit ja keine Konkurrenz aufkommt an Krippe Anbietern? Und selbstverständlich rufen dann dieselben aus, wenn es nicht genügend Krippe Plätze hat. Alles sehr real. Wenn man nichts daran ändern will, nur weil die Lobbys ihr Ego-Dings durchziehen wollen, dann bleibts so wie es ist: Unausgegoren. Vor allen Dingen haben wir dann bei den Krippen eine gesellschaftliche Einseitigkeit sondergleichen. Alle, bei denen der Staat es voll subventioniert sind da, und die anderen melden sich ab. Wer sowas organisiert bei einem Betrieb, meldet bald Konkurs an.

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