Zonenplan ade?

Posted on December 13th, 2012, December 13th, 2012 in Uncategorized.

Rechtssicherheit, Investitionssicherheit, Planungssicherheit – all dies und noch viel mehr leiten wir traditionell vom Zonenplan ab. Der Zonenplan hält Flächen frei, für Verkehrswege, Plätze, Parks und weitere öffentliche Einrichtungen. Diese Funktion gilt es zu bewahren.

Zonenpläne bilden ein starres Korsett und behindern in vielen Fällen eine standortgerechte Bebauung. Die weitgehende Abschaffung der Zonenpläne würde Qualität und Kreativität in die Stadtentwicklung bringen. (Visualisierung: Herzog & de Meuron)

Auch wirtschaftlich gibt der Zonenplan den Ton an: Er bestimmt, welche Nutzungen auf welchen Parzellen möglich sind und legt damit auch den Wert einer Liegenschaft fest. Darauf gründen Pensionskassen ihre Anlagestrategien, planen Private ihre Vorsorge. In der Zone 4 gibt es vier Geschosse, in der Zone 3 deren drei. Und so weiter.

Diese Zeiten sind vorbei. Wir sind daran, den Zonenplan umzudeuten. Er sagt nur mehr, welche Nutzung minimal zulässig ist. Was früher die Ausnahme war, wird auf grösseren Flächen bald zur Regel: Immer öfter haben Grundstückseigentümer eine ganz andere Idee, als der Zonenplan ihnen aufzwingen will. Sie wenden sich an die Behörden und erwirken, dass ihnen die Politik mit einem Bebauungs- oder Quartierplan mehr Volumen zugesteht, als der Zonenplan vorsieht.

Das kann in manchen Fällen sehr sinnvoll sein. Etwa wenn es darum geht, bei einem Tramknotenpunkt eine verdichtete Bebauung mit Wohnhochhäusern zu ermöglichen. Oder Gewerbe mit Wohnen zu mischen, um Pendlerströme einzudämmen. Oder das Einkaufen in der Nähe eines Quartierzentrums zu ermöglichen.

Diese Beispiele häufen sich. Und es fällt auf, dass die Bauträger meist grössere Konsortien, Pensionskassen, Versicherungen oder Aktiengesellschaften sind. Diese können die lange Durststrecke eines politischen Prozesses wirtschaftlich verkraften, um anschliessend die Früchte in Form einer höheren oder wertvolleren Nutzung zu ernten.

Kleineren Hausbesitzern bleibt dieser relativ teure und riskante Weg verschlossen. So entsteht unter den Bauherren eine Zwei-Klassen-Gesellschaft, die eine phantasievolle, kreative Stadtentwicklung behindert. Die Abschaffung der Zonenpläne – mit Ausnahme der Gebiete, die von öffentlichem Interesse sind – würde ein ganz anderes Bewilligungsverfahren ermöglichen. Dieses würde allen Liegenschaftseigentümern Anreize bieten, mehr Qualität zu bauen. Die Politik müsste Gremien bilden, die jeden Fall einzeln prüfen.

Wenn nicht der Zonenplan massgebend wäre, sondern das beste Projekt in der jeweiligen Situation realisiert werden könnte, wäre als Ergebnis keineswegs eine hässlichere Stadt zu erwarten. Im Gegenteil, wir würden bald mehr innovative und inspirierende Gebäude, Strassenzüge und Quartiere erleben. Regierungspräsident Guy Morin hat mit seiner viel beachteten, programmatischen Rede zur Stadtentwicklung die Diskussion lanciert. Nicht nur in der Fläche, nicht nur in der Höhe, sondern auch in ihrer Qualität soll die Stadt sich wandeln dürfen.

Dieser Beitrag reflektiert die Meinung der Autorin / des Autors und nicht zwingend diejenige der Redaktion.

3 Responses to 'Zonenplan ade?'

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  1. Anh Toan said,

    December 13th, 2012, 10:27

    Rechtssicherheit, Investitionssicherheit, Planungssicherheit – all dies und noch viel mehr leiten wir traditionell vom Zonenplan ab.

    Nun soll also ein politisches Gremium frei je nach Einzelfall, ohne irgendwelche gestzlichen Rahmenbedingungen nach Gutdünken entscheiden: Das nennt man Willkür!

    Der Müller darf dann am Spiesserweg 42b den Dachstock ausbauen, weil dem Gremium sein Projekt oder sein gesicht oder seine linke Zehe gefällt, während dem Meier ein ähnliches Projekt an der bourgoisiestrasse 56 verweigert wird, vielleicht weil er ein in vierter Generation zugewanderter Östereicher ist.

    Ja genau, wir schaffen alle Gesetze ab, wozu brauchen wir denn generell abstrrakte Definitionen, was zu bewilligen und was zu verbieten ist? Das ist doch völlig unnütz. Wir brauchen gerechte und gute und was weiss ich für Gremien, die jeden Einzelfall individuell, unabhängig von irgendwelchen Richtlinien beurteilen.

    Wir wollen keinen Rechtsstaat, wir wollen einen guten Diktator, gell!

  2. Stef said,

    December 13th, 2012, 10:48

    “Die Politik müsste Gremien bilden, die jeden Fall einzeln prüfen.”
    Also: Der eine Bauherr erhält ein 9-geschossiges Projekt bewilligt, weil das Gremium dieses als “innovativ” empfindet, sein Nachbar darf nur dreigeschossig bauen, weil sein Projekt den Herrschaften im Gremium weniger “innvoativ” erscheint. Stattdessen steht nun sein niedriger Neubau im Schatten eines dreimal so hohen Gebäudes und verliert massiv an Wohnqualität und Wert.
    Mit dieser Idee wäre der Willkür Tür und Tor geöffnet und jede Rechtssicherheit ginge verloren. Endlose Rechtsstreitigkeiten wären die Folge.

  3. Andi M. said,

    December 13th, 2012, 14:07

    Endlich ein schlauer Vorschlag. Die kommunistischen Bauvorschriften verhindern heute wirklich alles mögliche. Das ist eines Industrielandes nicht mehr würdig!

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