Druck nackt

Posted on January 10th, 2013, January 10th, 2013 in Uncategorized.

Die Druckerei der Basler Zeitung soll schliessen. Nicht nur die Tageszeitung wandert ab. Es verabschieden sich weitere Aufträge aus der Region, zum Beispiel die Produktion des «Touring» oder der «Coop Zeitung». Das Projekt der BaZ Eigentümer heisst «BaZ nackt», wie Konzernleiter Rolf Bollmann erneut bestätigte. Zu den Striptease-Regeln gehört, dass der «Druck nackt» jetzt nach Zürich geht.

Der Bund hat über Jahrzehnte die einheimischen Verlage gefördert, indem er die Posttarife der Zeitungen verbilligte. Sein Ziel war die Erhaltung der Medien- und Meinungsvielfalt. Basel braucht jetzt ein ähnliches Modell.

Es gibt Dinge, die sind entbehrlich. Andere sind vital. Um die vitalen Dinge hat sich die Gesellschaft zu kümmern. Dazu gehört eine lebendige mediale Öffentlichkeit.

Es ist nicht egal, ob diese Zeilen in Basel oder in Zürich gedruckt werden. Letztlich bestimmen die Produktionsmittel die Inhalte. Wer den Druck beherrscht, kann Druck machen. Wer die Medien kontrolliert, kontrolliert einen wichtigen Teil unserer Bildung, unserer Information und unseres Bewusstseins. Ein ferngesteuertes Bewusstsein wollten die Basler nie. Deshalb setzten sie schon früh auf das Druckgewerbe. Wer einmal 500 Jahre alte Bücher aus Basler Druckereien in Händen hielt, der versteht, welche Macht darin liegt, seine Meinung vervielfältigen zu können. Das Imponiergehabe dieser grossformatigen, schweren, reich verzierten Schwarten, spricht Bände.

Das Zeitalter, das Johannes Froben und Johannes Petri um 1500 mit ihren Druckereien am Totengässlein und in der St. Johanns Vorstadt begründeten, darf nicht so enden. Zwar existiert hierzulande nach wie vor die eine oder andere anständige Druckerei. Aber keine mehr, die ein Massenblatt rasch und rationell fertigen kann.

Die beiden Basel müssen sich einmischen, im öffentlichen Interesse. Der Bund hat über Jahrzehnte die Schweizer Verlage gefördert, indem er die Posttarife der Zeitungen verbilligte. Sein Ziel war die Erhaltung der Medien- und Meinungsvielfalt. Ein ähnliches Modell kann den Zeitungsdruck in der Nordwestschweiz mittelfristig wieder ans Rheinknie zurückholen: Lokal gedruckte Tages- und Wochenzeitungen sollten von den Kantonen Vertriebsunterstützung bekommen. Dies wäre ein eleganter Weg, um das Ziel zu erreichen, ohne sich inhaltlich einzumischen. Vielleicht würde dann auch die TagesWoche nicht mehr aus Wil (SG) importiert.

Ironie des Schicksals: Ausgerechnet Christoph Blocher, die Galionsfigur der Schweizer Neoliberalen, lässt uns keine andere Wahl, als die regionale Druckereiwirtschaft öffentlich zu stützen wie die Landwirtschaft. Wenn nach Banken, Fluggesellschaften und Medien noch die letzte Zeitungsrotation abwandert, muss jemand «Stopp!» rufen. Die Walliser bereuen es noch heute, dass sie nicht einschritten, als Blocher die Wasserkraftwerke der Alusuisse, die er kontrollierte, an die Eléctricité de France verhökerte. Die «Alusuisse nackt» war rückblickend der Anfang vom Ende dieser Industrie.

Dieser Beitrag reflektiert die Meinung der Autorin / des Autors und nicht zwingend diejenige der Redaktion.

7 Responses to 'Druck nackt'

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  1. Peter Pfrunger said,

    January 10th, 2013, 11:51

    Herr Blocher würde von den Republikanern in der USA als sogenannter Job Creator bezeichnet. Wie er Jobs kreiert sieht man zum wiederholten Mal.
    Auch zum wiederholten Mal lässt er sich vom Staat subventionieren, indem er seine Angestellten – Entschuldigung! Seine Untergebenen – diesem zur weiteren Finanzierung übergibt anstelle selber für eine Weiter- oder Neubeschäftigung und Absicherung zu sorgen.
    Die Verantwortung für die Misswirtschaft dürfen wieder einmal die Anderen übernehmen.

  2. Massimo said,

    January 10th, 2013, 11:54

    War doch schon immer so, das Ch.Blocher Firmen aufkaufte und diese dann zu seinem Gewinn zerstückelte. In Basel die Druckerei aufgeben, damit seine Maschinen in Zürich noch Fetter werden…

  3. rolf zeller said,

    January 10th, 2013, 12:05

    Ob wie hier das Drucken der “Meinung” oder die Werbung bei Wahlen usw.,lässt sich das Problem eigentlich ganz banal und einfach erklären. Die politische Gesinnung in der Schweiz ist mittlerweilen zwischen Links und Rechts ausgeglichen.Natürlich gibt es aber durch die heutige Erziehung in den Schulen eine Linke Mehrheit bei jüngeren Menschen und folglich umgekehrt eine Rechte bei den reiferen Jahrgängen. Da nun z.B. die Eingangs erwähnten Punkte vor ab Geld kosten und dieses aber mehrheitlich Rechts zuhause ist und dem gegenüber aber die Linke Seite aktiver die Sache angeht(Junge), bleibt logischer Weise nur der Weg über die staatlich verordnete “Umverteilung”.Was in diesem Artikel angebrangert wird,sind nur aus dem Zusammenhang gerissene Aktionen,welche für dieses Problem eine Lösung gebracht hätte,aber Finanztechnisch dabei vermutlich nicht optimal gewesen wäre.Das Grundproblem wird bleiben und bis zum entgültigen Abgang der Baby-Boomer-Generation, sich vermutlich noch verschärfen.

  4. Daniel Thiriet said,

    January 10th, 2013, 12:11

    “Es ist nicht egal, ob diese Zeilen in Basel oder in Zürich gedruckt werden. Letztlich bestimmen die Produktionsmittel die Inhalte” – Also das tönt doch jetzt wirklich ein bisschen nach übertriebenem Verfolgungswahn! Es ist in der ganzen Diskussion über die BaZ wirklich erstaunlich, wie sehr man eine Zeitung “politisch werten” kann. Aber: erstens sind es ja nur die “Kommentare” von Chefredaktoren und/oder Gastkolumnisten, die eine politische Richtung vorgeben und zweitens ist das doch piepegal, ob das Pfyfferli von einem linken oder rechten Journi beschrieben wird. Ein übertriebener Hype, weil der Besitzer des Blattes sein Parteibuch offen herum liegen lässt.

  5. Kurt Willi said,

    January 10th, 2013, 13:19

    Chr.Blocher als Gallionsfigur des Neoliberalismus zu betiteln, dürfte zwar Herrn Blocher und seinen, von seinem Monopolismus, profitierenden Sympathisanten freuen. Ähnlich könnte man die Hexe aus Hänsel und Gretel als Kinderköchin bezeichnen.
    Liberalismus darf nicht nur die eigene Freiheit sondern muss auch Freiraum bedeuten.
    Die Idee, dass der Bund oder die Kantone den Zeitungs-Vertrieb unterstützen sollen, finde ich (sehr nett ausgedrückt) originell.
    Bedürfnisse von Wirtschaft, Umwelt und Gesellschaft in Einklang bringen. Ein Satz den ich auf einer ihnen sicher bekannten Webseite gelesen habe.
    Also bringen wir es in Einklang.
    Vorschlag ich wüsste eine Druckerei die bald zum Verkauf steht, Sie kenne sicher das eine oder andere Unternehmen, das Druckaufträge zu vergeben hat. Sie möchten, dass z.B. die Tageswoche in Basel gedruckt wird. Sie möchten dazu beitragen, dass 90 Arbeitsplätze in Basel erhalten bleiben. Ich bin davon überzeugt, dass sich die Kantone eher dafür erwärmen lassen würden, statt die Logistik zu unterstützen.
    Wo also liegt das Problem? Wohl daran, dass keiner die Finger aus dem (aus was auch immer) nimmt und handelt.

  6. Martin Cesna said,

    January 10th, 2013, 13:52

    Diese Druckereigeschichte dürften die letzten Zuckungen sein, werden doch heute schon die Beipackzettel der Basler Pharmafirmen längst im Ausland gedruckt.
    Die grösste Blamage dürfte sein, dass die BaZ nun in einer Druckerei eines “linken” Zeitung gedruckt wird, da weder Weltwoche noch Schweizerzeit über entsprechende Möglichkeiten verfügen. So füttert Papi Blocher nun seine Gegner!
    Der wichtigste blöde Nachteil dürfte sein, dass man im nahen Ausland die BaZ nun auch erst Tag(e) später bekommt. Das war vorher sehr angenehm, sie gleichentags im Briefkasten nördlich des Rheins schon lesen zu können.
    Ach, noch eine Idee für einen neuen Namen: “TaBaZ”: Tagi-BaZ, ist doch der Inhalt schon sehr ähnlich dem Tagesanzeiger.
    … oder könnte die Badische Zeitung oder der Südkurier eine Alternative oder Ergänzung sein?

  7. Peter Waldner said,

    January 10th, 2013, 13:55

    Ganz sicher ist es absolut nicht die Aufgabe des Staates, eine unrentable Zeitungsdruckerei in jeder Ecke der kleinen Schweiz zu erhalten!