Fusions-Konfusion

Posted on January 17th, 2013, January 17th, 2013 in Uncategorized.

Meine Jugend verbrachte ich in Liestal. Die 60er-Jahre waren weltweit von gesellschaftlichen Umbrüchen geprägt. Im mittleren und oberen Baselbiet fand dieser Aufstand seine Ausprägung in der Opposition gegen die Wiedervereinigung beider Basel. Die teilweise militante Kampftruppe «Junges Baselbiet» sah den Landkanton als Hort des Fortschritts und der Freiheit – gegen die verkorkste Stadt. Die Bewegung verstand sich als Erbin des radikaldemokratischen Stuttgarter Revolutionärs und Arbeiterdichters Georg Herwegh («Mann der Arbeit aufgewacht und erkenne Deine Macht! Alle Räder stehen still, wenn dein starker Arm es will.»). Diesem hatte Liestal Mitte des 19. Jahrhunderts Asyl gewährt und später ein Denkmal gesetzt. In dieser Aufbruchsstimmung wurden auch mal BS-Autos, die sich ins «Stedtli» verirrten, mit «Baselland bleibt selbständig»-Klebern am Heck nach Hause geschickt.

Die Baselbieter Regierungsratswahl zum Volksentscheid über die Fusion beider Basel hochzustili-sieren, ist völlig abwegig. Weshalb das so ist, zeigt das Beispiel von Paul Manz (Bild), dem füh-renden Wiedervereinigungs-Gegner der 60er-Jahre.

Die kleine Baselbieter Befreiungsorganisation bildete eine unheilige Allianz mit einer stockkonservativen Bauern- und Gewerbefront, die in den Bezirken Waldenburg und Sissach Stimmung gegen die Wiedervereinigung machte. Die führende Figur dieser ländlich geprägten Gegner war der Pfarrer von Rothenfluh. Geschickt baute der aus dem Züribiet stammende Paul Manz Brücken zwischen den Fraktionen, die unterschiedlicher nicht hätten sein können, um sein Ziel zu erreichen: Baselland bleibt selbständig. Am 5. Dezember 1969 sagten fast 60% der Baselbieter Nein zur neuen Verfassung des vereinigten Kantons Basel. Die Stimmbeteiligung lag bei 75%.

Paul Manz war aber nicht nur ein führender Wiedervereinigungsgegner, sondern als Abgeordneter der BGB (Bauern- Gewerbe und Bürgerpartei, später SVP) auch Mitglied und zeitweise Präsident des Verfassungsrates, der das neue Grundgesetz des vereinigten Kantons Basel aushandelte. Manz arbeitete konstruktiv an einem Projekt mit, das er selbst verwarf. Dies ist jedoch kein Widerspruch. Auch als Gegner der Wiedervereinigung musste er damit rechnen, dass die Verfassung angenommen wird. Er war sich im Klaren, dass am Ende nicht der Verfassungsrat sondern das Volk die Weichen stellt.

Ebenso würde sich Eric Nussbaumer im Falle seiner Wahl in die Baselbieter Regierungsrat mit aller Kraft und Überzeugung für seinen Kanton einsetzen. Je selbstbewusster das Baselbiet in die Fusionsdebatte steigt, umso besser für die ganze Region. Es ist völlig abwegig, die Regierungsratswahl zu einem Plebiszit über die Fusion zu stilisieren. Kurzfristig stehen ganz andere Themen auf der Agenda der Exekutive. Der Landkanton braucht jetzt die fähigsten Leute, um rasch wieder Handlungsspielraum zu gewinnen und die Zukunft nach dem Sparprogramm zu gestalten. Über die Fusion hingegen, das wusste schon Paul Manz, entscheidet das Volk und nicht der Regierungsrat.

Dieser Beitrag reflektiert die Meinung der Autorin / des Autors und nicht zwingend diejenige der Redaktion.

One Response to 'Fusions-Konfusion'

Subscribe to comments with RSS or TrackBack to 'Fusions-Konfusion'.

  1. Peter Issler said,

    January 17th, 2013, 11:37

    Paul Manz war nicht nur Landrat der BGB Verfassungsrat, sondern auch von 1967 – 1982 Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft (Bau und Landwirtschaft, später Inneres und Sanität): RR Manz war Initiant des Ausbaus des Kantons in den Bereichen Infrastruktur, Gesundheitswesen und Bildung in den 60er und 70er Jahren.