Sag mir, was Du trinkst

Posted on March 8th, 2012, March 8th, 2012 in Uncategorized.

Journalistenkollege Michael Bahnerth hat ein bahnbrechendes System erfunden, das definitiv niemanden mehr überfordert: Die Trinkgewohnheiten der Politiker entscheiden über ihre Wahl. Wer, wie Regierungspräsident Guy Morin, in Moskau lieber Grüntee trinkt als Wodka, gehört vom Volk als Softie abgestraft: Er ist ein «König ohne Macht». So das Fazit von Bahnerths Frontgeschichte in der letzten Sonntags-BaZ.

Sag mir was Du trinkst, und ich sage Dir, wer Dein Polit-Held ist. Ein neuartiges, geniales System ist im Begriff, unsere politische Landschaft umzukrempeln. Selbst der Harassenlauf (Bild) entpuppt sich als Wahlkampf pur. (Bild: Dominik Plüss)

Der Gedanke ist genial: All die komplizierten Angebote im Internet, die uns beistehen sollen bei der richtigen Entscheidung, werden überflüssig. Sorry «smartvote» und zum Teufel mit Politbarometern wie «vimentis.ch». Der Schlüssel zum Verständnis eines Magistraten ist sein bevorzugtes Getränk.

Grüne trinken also laut Bahnerth Grüntee. Grünliberale wahrscheinlich Pepita. Sozialdemokraten bevorzugen aufgrund der Farbe Campari. Damit ist endlich entlarvt, wohin diese Partei schon lange driftet: Sie ist vom Arbeiter-Bündnis zur Intellektuellen-Clique mit Cüpli-Allüren verkommen.

Die SVP hingegen trinkt Bier. Nein, pardon, die BDP trinkt Bier, ihre Grundfarbe ist ja gelb (und der Harassenlauf wohl ihre wichtigste Demo). Was trinkt demnach die SVP? Es ist ein gut gehütetes Geheimnis, aber die Parteifarbe bringt es auch hier an den Tag: Grün. Also Absinth. Die «grüne Fee» verursacht laut Wikipedia «Schwindel, Halluzinationen, Wahnvorstellungen, Depressionen, Krämpfe, Blindheit sowie geistigen und körperlichen Verfall». Da haben wir’s! Vor allem Schwindel und Krämpfe gehören in der SVP zum täglichen Brot.

Bei der FDP habe ich lange recherchiert. Dann bin ich auf Coca-Cola gestossen: Die amerikanische Limonade erinnert FDP-Mitglieder wehmütig an die Zeiten, als sie noch ungestraft in den USA Steuerhinterzieher anlocken durften.

Katholischer Tradition entspricht, dass die CVP Wasser predigt, aber Wein trinkt. Die Basta ist ein Basler Sonderfall, aber Wodka trinken auch die Linken nicht. Da haben sie sich allzu sehr von Moskau emanzipiert – oder umgekehrt. Vielleicht Tequila oder Bacardi? Wahrscheinlich eher Bio-Süssmost. Bald vertrocknet sind die Liberalen, da sie am liebsten gar nichts trinken.

Für die Wählerinnen und Wähler ist die Welt einfacher geworden: Voten Sie für Ihr Lieblingsgetränk! Sag mir was Du trinkst, und ich sage Dir, wer Dein Polit-Held ist. Unter dem Strich kommt es vielleicht auf dasselbe hinaus wie heute, erspart aber viele Mühen und Auseinandersetzungen mit Inhalten. Fatal wäre allerdings, wenn das Volk sich irrte, wie Michael Bahnerth: Guy Morin mag nämlich keinen Grüntee. Was er hingegen liebt, ist Verveine, auf Deutsch Eisenkraut. Perfekte Tarnung: Hinter dem Grüntee-Softie lauert der stahlharte Macho! Putin zittere! Das Beispiel zeigt: Auch bei der Anwendung des neuen Systems kommen wir nicht um präzise Recherchen herum.

Dieser Beitrag reflektiert die Meinung der Autorin / des Autors und nicht zwingend diejenige der Redaktion.

5 Responses to 'Sag mir, was Du trinkst'

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  1. Anh Toan said,

    March 8th, 2012, 7:24

    Ihr Journalistenkollege Michael Bahnerth schreibt einen nichtssagenden Artikel auf der Frontseite der Baz am Sonntag. Sie schreiben einen nichtssagenden Beitrag über den nichtssagenden Artikel. Nun schreibe ich einen nichtssagende Kommentar zu einem nichtssagenden Beitrag über einen nichtssagenden Artikel.

  2. Müller Peter said,

    March 8th, 2012, 17:56

    Fremde Journalistinnen können ihre Kommentare in ihrem eigenen Blatt zum Ausdruck bringen. Sie sollten dazu nicht die Kommentarseite der BaZ missbrauchen. Ich bin Abonnent der Baz. Und diese Zeitung gefällt mir so, wie sie ist.

  3. Anh Toan said,

    March 11th, 2012, 18:33

    Ich bin nicht Journalist.

    Schön, dass Ihnen die Baz gefällt.

  4. Florian Suter said,

    March 8th, 2012, 8:21

    Lieber Daniel Wiener, herzlichsten Dank für Ihre wunderbare Kolumne “Sag mir, was du trinkst”. Ich habe mich über Michael Bahnerths unsäglichen Beitrag in der letzten Sonntags-BaZ sehr geärgert, vor allem über das Faktum, dass da offensichtlich mies bis gar nicht recherchiert worden war, sondern einfach nach dem Prinzip “Hau den Lukas” Guy Morin attackiert und fertig zu machen versucht wurde. Wie die gestrigen Leserbriefe zeigten, gibt es immer auch LeserInnen, die solchen Machwerken aufsitzen. Umso befreiender die Lust beim Lesen Ihrer Meisterschaft, mit der Klinge der Ironie elegant zu fechten. Wollte sich Michael Bahnerth ein Beispiel daran nehmen!
    Nochmals herzlichen Dank und beste Grüsse! Florian Suter

  5. Michael Basler said,

    March 8th, 2012, 14:25

    Sender und Empfänger sind sogar ohne Alkohol und grünes Zeugs eine Herausforderung!!!!

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