Best gehütete Geheimnisse enthüllt

Posted on March 15th, 2012, March 15th, 2012 in Uncategorized.

Von CVP-Präsident Christophe Darbellay hätte ich erwartet, dass er als Vertreter einer demokratischen Partei nach Annahme der Landschaftsschutz-Initiative sagen würde: «Ok, ich war dagegen, aber jetzt gilt es, den Volkswillen umzusetzen.» Nichts dergleichen geschah. Als das Ergebnis fest stand, konzentrierte sich der Walliser Politiker darauf, Ausnahmen von der neuen Verfassungsregel zur Beschränkung des Zweitwohnungsbaus zu fordern. Den Grund dafür enthüllte er tags darauf selbst.

Economiesuisse ist laut CVP-Präsident Darbellay «Auftraggeber» und «Einspanner» von Parteien in Abstimmungskämpfen. Wenn der Wirtschaftsdachverband wie bei der Landschaftsschutz-Initiative die Lage falsch einschätzt, dann knallt’s.

In seiner Aufregung plauderte Darbellay die sonst am besten gehüteten Geheimnisse des inneren Machtzirkels unseres Landes aus: «Economiesuisse wollte die neuen Mitteparteien einspannen. Darum hat die Grünliberale Partei (GLP) den Lead erhalten. Wir wurden mit einer anderen wirtschaftsrelevanten Kampagne beauftragt»

Economiesuisse «beauftragt» also die CVP, während die GLP gar «eingespannt» wird. Trotzig rapportierte der stramme Polit-Soldat Darbellay nach verlorener Schlacht: «Die CVP hat sich mit ihren Exponenten sehr stark engagiert. In allen CVP-Stammlanden mit Ausnahme von Jura und St. Gallen wurde die Initiative deutlich abgelehnt. Die CVP ist sicher nicht schuld an diesem Ergebnis.» Mit anderen Worten: Das Geld muss weiter fliessen.

Es passiert immer häufiger, dass die Diskussion über eine Initiative erst losgeht, nachdem sie an der Urne angenommen worden ist. Der Grund dafür ist die Steuerung der Politik durch Economiesuisse, wie ein verzweifelter Darbellay im gleichen Interview bestätigte: «Die Wirtschaftsverbände, vor allem Economiesuisse (…), haben das Berggebiet im Stich gelassen. Sie wollten nicht wahrhaben, dass die Sache doch gefährlich war.»

Der Wirtschaftsdachverband bestimmt also, wer wo agiert und mit welchen Mitteln ausgestattet wird. Und wenn die Damen und Herren in der Zürcher Zentrale die Lage falsch einschätzen, dann knallts. «Beauftragte» Lakaien wie Darbellay dürfen dann den Schaden begrenzen, indem sie eilfertig Ausnahmebestimmungen fordern.

Die bürgerlichen und auch die Mitteparteien sind nur noch Alibi und offenbar käuflich. Schon im Vorfeld der Abstimmung über die Landschaftsschutz-Initiative habe ich mir die Augen gerieben, als die GLP die Nein-Parole ausgab. Jetzt wissen wir, weshalb. Schon fast heldenhaft erscheint in diesem Licht betrachtet das Ausscheren der GLP Basel-Stadt mit ihrer Ja-Parole.

Herr Darbellay deckt die Machtverhältnisse schonungslos auf. Dafür sollten wir ihm dankbar sein. Wir wissen jetzt, dass die neue Basler Lobbying-Stelle nicht ins Bundeshaus gehört, sondern nach Zürich, ins Schattenkabinett des Wirtschaftsdachverbandes. Und jede Partei sollte verpflichtet werden, ihre Geldquellen offen zu legen.

Dieser Beitrag reflektiert die Meinung der Autorin / des Autors und nicht zwingend diejenige der Redaktion.

4 Responses to 'Best gehütete Geheimnisse enthüllt'

Subscribe to comments with RSS or TrackBack to 'Best gehütete Geheimnisse enthüllt'.

  1. Phil Bösiger said,

    March 16th, 2012, 10:35

    Ja muss man jetzt überrascht sein? Natürlich sind die Bürgerlichen käuflich, und zwar von Mitte bis ganz Rechts, das ist doch nun wirklich nichts Neues. Die Bestätigungen dafür haben diese Parteien diese Woche einmal mehr selbst geliefert, indem sie die Transparenz – Initiative abgelehnt haben und auch weiterhin die Lobbyisten ungeniert und auf Einladung in den Wandelhallen des Bundeshauses rumgeistern lassen.
    Da haben wir als Ur-Demokratie absolut verdient, dass uns der Europarat für die mangelnde Transparenz bei der Parteienfinanzierung rüffelt. Und welche Parteien haben nochmal nach Erhalt dieses Rüffels am lautesten aufgeheult?

  2. Kurt Seiler said,

    March 16th, 2012, 13:49

    Jaja Herr Bösiger,und Ihre Superhelden von Links sind ja überhaupt nicht käuflich oder intrigant! Augen auf, Politiker von Links bis Rechts verkaufen Ihre Seele nur damit Sie noch ein paar Jahre länger im Schlraffenland Schweiz wursteln können. Macht einer bei den Linken das Portemonnaie auf, greifen diese genau so schnell zu wie die erklärten Erzfeinde, die Kapitalisten!

  3. Phil Bösiger said,

    March 19th, 2012, 7:06

    @Seiler: Mag ja sein, dass auch unter den Linken nicht nur weisse Schafe zu finden sind; das schliesse ich überhaupt nicht aus. Aber zumindest setzt sich die Linke vehement für Transparenz bei der Parteienfinanzierung ein. Das Verhalten der Bürgerlichen in dieser und in ähnlichen Fragen müsste doch auch Ihnen zu denken geben, oder?
    Wenn der BaZ-Artikel über Darbellay so stimmt, dann wissen Sie als Mitte oder Rechts-Wähler spätestens seit heute zumindest, wem Sie bei der letzten Wahl ihre Stimme gegeben haben. Nicht der CVP, BDP, GLP, FDP oder SVP, sondern Economiesuisse und den anderen Lobbyvereinen. Wobei dies schon nicht mehr lobbyieren (einflüstern) genannt werden kann, sondern diktieren. Und wo diktiert wird, ist man in der Diktatur.
    Das Wort “Freiheit” im Parteinamen der FDP, resp. “Liberal” bei GLP ist genau so verlogen wie “Christlich” und “Volk” bei CVP und SVP. Würde ich “bürgerlich” wählen, würde mich schon hintergangen fühlen….

  4. Gautier Irgendwo said,

    March 18th, 2012, 9:48

    Was ist an der Politik, noch erwähnenswertes zu finden, was man einst mit untadelig benannte.

Post a comment