Das U-Abo entfesseln

Posted on August 23rd, 2012, August 23rd, 2012 in Uncategorized.

Basel ist stolz darauf, das U-Abo erfunden zu haben: Der günstige Einheitstarif für das gesamte regionale ÖV-Angebot ist eine Frucht der Umweltbewegung. Die Autoabgase (damals noch ohne Katalysator) gefährdeten in den 80er-Jahren die Gesundheit der Wälder. Also mussten griffige Lösungen her, um das Umsteigen auf den Öffentlichen Verkehr zu fördern. Was als politische Notfallübung begann, entpuppte sich als kommerzieller Geniestreich.

Der an sich sympathische Einheitstarif des U-Abos lähmt die Ausdehnung des Einzugsge-biets. Mit leicht angepassten Abo-Kosten kämen auch Aarau, Olten, aber auch das Elsass und Südbaden in den Genuss der genialen Erfindung. (Bild: Keystone)

Andere Regionen kopierten das U-Abo unter ganz verschiedenen Namen und entwickelten die Idee weiter. In den meisten Einzugsgebieten gilt: Wer täglich weiter fährt, bezahlt mehr. Das Einheits-Abo des Tarifverbunds Nordwestschweiz (TNW) ist heute eine Ausnahme. Das ist zwar sozial und auch sympathisch, weil praktisch, blockiert aber die Entwicklung.

Im Tarifverbund Ostwind beispielsweise, können Berufstätige eine Stunde von Rapperswil nach St. Gallen pendeln. Ostwind knöpft ihren Kunden auf dieser Strecke 200 Franken pro Monat ab. Mit demselben Ausweis können sie dann die ganze Region zwischen Frauenfeld im Norden und Bad Ragaz im Süden bereisen. Das U-Abo des TNW deckt nicht einmal die 30 Minuten von Olten oder Aarau nach Basel ab.

Die Ostschweizer Preise würde ich nicht zur Nachahmung empfehlen, doch erweist sich der heutige TNW als ein zu enges Kleid für das wachsende Einzugsgebiet Basels. Gegen Änderungen setzt sich ein Verbund von sozial und ökologisch Motivierten ein. Sie verhindern, dass sich das U-Abo den neuen Gegebenheiten anpasst: Zum Beispiel für Elsässer oder Lörracher Autopendler zu einer attraktiven Alternative wird. Es ist kaum denkbar, dass die 73 Franken reichen, um auch deren Mobilitätsbedürfnisse zu finanzieren.

Darunter leidet auch die Entwicklung Basels. Denn die Grenzen der Tarifverbünde haben sich auch als Grenzen des Wirkungsfeldes von Zentren etabliert – mindestens in den Köpfen der Menschen.

Eine nach Zonen differenzierte Tarifstruktur für die Monats- und Jahreskarten würde eine buchstäbliche Entfesselung des U-Abos ermöglichen. Entscheidend für die Akzeptanz differenzierter Abo-Kosten wäre die gleichzeitige Überwindung heutiger Beengung. Also der Sprung des TNW-Einzugsgebiets über den Jurakamm und vor allem über die Landesgrenzen nach Frankreich und Deutschland.

Basel-Stadt, Baselland, Solothurn nördlich des Jura und der Bezirk Rheinfelden könnten weiterhin eine einheitliche Kernzone bilden, zu Kosten von 73 Franken. Der tiefe Preis diente als Basis, um den angrenzenden Bezirken attraktive Angebote zu machen. Zum Beispiel 100 Franken pro Monat für den heutigen TNW, inklusive Olten/Aarau oder inklusive St.Louis/Lörrach. Vielleicht 120 Franken für die Ausdehnung bis nach Kandern, Sierentz und Baden (AG). Und 140 Franken inklusive die Kantone Jura und Solothurn sowie bis nach Biel.

Dieser Beitrag reflektiert die Meinung der Autorin / des Autors und nicht zwingend diejenige der Redaktion.

14 Responses to 'Das U-Abo entfesseln'

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  1. Frank Balziger said,

    August 23rd, 2012, 8:51

    Wieso diskutiert man nicht mal eine Zone die nur die Innenstadt enthält – z.b. für CHF 40.- pro Monat. Wieso bezahle ich als Städter, der immer nur eine kurze Strecke fährt gleich viel wie jemand der täglich von Sissach nach Basel pendelt? Macht wenig Sinn…

  2. Leo Schmidli said,

    August 23rd, 2012, 9:43

    Doch, genau das macht nämlich Sinn bei solchen Abonemmente. Der nächste Schritt wäre dann: “Wieso bezahle ich, der das Abo nur von Mo.-Fr. nutze und das auch nur morgens und abends, genausoviel wie ein Vielfahrer, der es am Wochenende und auch mehrmals tagsüber nutzt?” Sie sehen, irgnendwann zahlt dann jeder wieder für seine Einzelstrecke.
    Und bei CHF 73,- im Monat können Sie Sich nun wirklich nicht über den Preis beschweren…

  3. Andi Meier said,

    August 23rd, 2012, 11:15

    Schade, dass Sie sich bei einem so umfangreichen und preiswerten Angebot benachteiligt fühlen.
    Gerade die Einfachheit macht das U-Abo so erfolgreich.
    Ich finde den TNW sollte man so belassen wie er ist, weil die Schaffung von Zonen die Attraktivität des Angebots wesentlich schmälern würde.
    Für die, an den TNW angrenzenden, Regionen gibt es ja schon Kombi-Abos wie zum Beispiel die RegioCardPlus für die angrenzenden Gemeinden in Südbaden.
    Anstatt den TNW zu zerstückeln könnten doch solche Angebote noch ausgebaut werden.

  4. Stefan Strub said,

    August 23rd, 2012, 9:44

    Oh toll, eine längst überfällige Idee wird wieder ins Gespräch gebracht. Gebiete erweitern bis ins Mittelland, Tarifstruktur anpassen. Hoffe die Politiker in Olten und Solothurn mögen diesmal das Potenziel zu erkennen,,,, nachdem sie den jahrelangen Abwärtstrend zumindest der Region Olten verdrängt haben und grosszügig auf die Oberbaselbieter Stadtbesucher verzichtet haben…..

  5. Hans Rosental said,

    August 23rd, 2012, 9:58

    Die Entflechtung der heutigen Tarifstruktur beim U-Abo ist längst fällig! Als Stadtbewohner ist für mich nicht nachvollziehbar, weshalb ich genau gleich viel bezahlen soll für meine täglichen Trämmli-Kurzstrecken, wie der Einfamilienhaus-Besitzer aus dem Oberbaselbiet, der täglich in die Stadt und zurück pendelt. Die Sozialromantiker bremsen hier in der Tat die Weiterentwicklung des U-Abo.
    Im gleichen Zug müssten dann auch die staatlichen Subventionen fürs U-Abo abgeschafft werden. Eine Vollkostenrechnung beim ÖV wäre längst angebracht. Schliesslich finanzieren heute die Autofahrer mit der Fahrzeugsteuer einen wesentliche Teil des ÖV. Schade, hat sich Daniel Wiener dieser Thematik nicht auch gleich angenommen. Aber das ist vermutlich ein zu heisses Eisen… Ansonsten bin ich für einmal absolut einverstanden mit den Gendanken von Daniel Wiener.

  6. Tim Weser said,

    August 23rd, 2012, 10:05

    Es gibt bereits Kombinationen des U-Abos mit dem (ausländischen) “Umland”.
    So kostet z.B. TNW+Landkreis Lörrach im Monat 115 Franken – das nennt sich “RegioCardPlus”.
    Für St. Louis gibt es den Distripass, fürs Jura VagABOnd und auch ein vergünstigtes Anschlussabo an die A-Welle im Aargau. Alles nachzulesen hier: http://www.tnw.ch/tickets-und-preise/abonnemente/u-abo/

  7. Monika Rominger said,

    August 23rd, 2012, 12:57

    Wir haben das Jahresabo für den Distripass. Vor einigen Tagen kam ein Schreiben der BVB, dass dieses Angebot ersatzlos gestrichen wird. Sehr schade!

  8. Heinz Meier said,

    August 23rd, 2012, 10:54

    Lieb und gut gemeint: Aber ich bin absolut für den Einheitstarif. Weil sobald verschiedene Tarife vorliegen, wird nicht mehr bloss das U-Abo entfesselt sondern sein Preis. Die Behörden und die Transportunternehmer werden nicht nur die Zonen für Oltener und Badische erhöhen sondern für alle. Mit dem jetzigen Einheitstarif besteht eine klare Messbarkeit und somit ein wirksamer öffentlicher Druck, der die Politiker im Zaun hält, uns das Geld ganz schamlos aus der Tasche zu ziehen. Bitte also Einheitstarif, den das Publikum klar versteht, damit das Publikum immer schön Druck auf die Politiker aufrecht erhält.

  9. Eduard M. Ungerer said,

    August 23rd, 2012, 12:45

    Aha, alles so lassen wie es ist, auch den Preis? Ok – dann aber bitte auch keine neuen Buslinien, wie sie in den letzten Jahren eingeführt wurden (47, 48, 59, 61, etc.), und auch keine Taktverdichtung auf den S-Bahn-Linien! Es ist allgemein bekannt, dass öV im Nahverkehr nie kostendeckend ist (Billettpreise decken nur einen Anteil der Kosten), daher sind (moderate) Preiserhöhungen bei Angebotsausbauten sowie zum Teuerungsausgleich durchaus angebracht. Oder lieber wieder zurück zum Stundentakt und den unklimatisierten Bussen und Zügen?

  10. Monika Rominger said,

    August 23rd, 2012, 13:55

    Ich habe nochmals nachgeschaut. Es ist nicht der Distripass der ersatzlos gestrichen wurde, sondern das Kombi-U-Abo für Grenzgänger. Entschuldigung für das Versehen. Trotzdem natürlich sehr schade.

  11. Fredy< Brülhart said,

    August 23rd, 2012, 17:22

    Ich bin von Anfang an dabei mit dem U-Abo und ich fahre zwar meistens nur eine Zone aber es kommt doch 2 oder 3x mal vor im Monat wo ich mehre Zonen durchfahre, seit zig Jahren also musste ich mich nie mehr an den Automaten nach dem Tarif erkundigen, einfach nur ins Tram/Bus/Zug einsteigen und geniessen. Ich hab mir nie darüber Gedanken gemacht dass es Leute gibt welche es unfair finden dass Ein-Zonen-Fahrer gleichviel bezahlen wie ein Mehrfachzonen-Benützer und ehrlich gesagt ist es mir egal dadrüber sich aufzuregen bringt es doch nicht sonst würde doch ein solches ABO nicht schon über 20 Jahre alt sein.
    Ich bin der Meinung es soll so bleiben wie es ist. Jeder der ein U-Abo hat muss sich keine Gedanken machen wenn er mal eine mehrfache Zonen Fahrt was er am Automaten nachbezahlen muss. Die meisten Leute wissen sicher wenn sie nach Olten oder weiter wollen dann müssen sie entweder ein Ticket ab Sissach oder letzte Möglichkeit ab Tecknau lösen, genauso wenn man ins Elsass oder Schwobeländle will dass dies mit dem regulären U-Abo Ticket nicht reicht.

  12. Tim Weser said,

    August 24th, 2012, 9:37

    Wenn Sie von Basel nach Schwaben wollen ist das aber ein weiter Weg. Baden dagegen liegt hingegen fast direkt hinterm Rhein.

  13. Kurt Seiler said,

    August 23rd, 2012, 18:20

    Soll der Basler freudig den ÖV subventionieren damit Steuersubstrat noch schneller den Stadtkanton verlässt?
    Interessant an Basel ist nicht der Zoo, Theater oder Shopping, sondern vor allem das was man hier verdient.
    Und das soll möglichst schnell und billig weggeschafft werden.
    Was profitiert der Basler vom grösseren ÖV-Bereich?
    In Zürich bleibt das meiste Geld immerhin im Kanton. Aber hier?
    Warum respektiert man nicht die Grenzen in dieser Region – mit allen Vor- und Nachteilen.
    Je nach Belieben lässt man hier die Grenzen verschwinden – oder betoniert wenn es nichts zu holen gibt.
    Aber nie ist man konsequent.

  14. Martin Cesna said,

    August 26th, 2012, 17:16

    Zur Entesselung des U-Abos müsste das “Mittelstädtchen” aber wohl endlich eine U-Bahn bekommen, sonst geht es nach dem Basler Bahnhof bis Riehen weiterhin mit Städtli-Seeing weiter. Zwecks Entlastung der Stosszeiten wäre so etwas Ähnliches wie das Zürcher 9-Uhr-Billet eine Möglichkeit: Zeiteineschränkt, dafür billiger.
    Wenn Basel in der Mitte liegen soll, müsste aber auch Freiburg ( und Müllhouse) am gleichen Automaten lösbar sein wie Laufenburg.
    Einezelne Peripherie-Bahnhöfe dürften auch ein grösseres P&R-Angebot anbieten. Diese Parkplätze dürfte Basel sicher liebend gerne bezahlen, da man so die Autos aus der Stadt fern halten kann.
    Der neueste Bahnhof “Basel-City” dürfte wohl am besten an der Schifflände liegen.

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